Point Nemo: Nirgendwo ist so einsam
Mitten im Südpazifik liegt ein Ort, der weiter von jeglicher Zivilisation entfernt ist als jeder andere Punkt der Erde: Point Nemo. Der „Pol der Unzugänglichkeit“ fasziniert mit seiner extremen Isolation, seiner Rolle als Weltraumschrott-Friedhof und seiner Nähe zum All – zumindest in relativer Hinsicht. Selbst Astronauten auf der ISS sind näher als andere Menschen auf dem Planeten. Hier erfährst du alle spannenden Details über den einsamsten Punkt der Welt.
Das Wichtigste in Kürze
- Extrem isoliert: Point Nemo ist über 2.700 Kilometer von der nächsten Landmasse entfernt.
- Nur per Schiff erreichbar: Eine einfache Reise dauert rund 15 Tage – ohne Zwischenstopp.
- Nähe zur ISS: Astronauten sind oft näher als jeder Mensch auf der Erde.
- Ort für Weltraumschrott: Raumfahrtbehörden nutzen die Umgebung als „Space Cemetery“.
- Nahezu leblos: Die Region zählt zu den biologisch inaktivsten Zonen der Weltmeere.
Wo liegt Point Nemo?
Point Nemo liegt im Südpazifik bei den Koordinaten 45°52.6′S, 123°23.6′W und ist über 2.700 Kilometer von jeder Küste entfernt. Damit ist es der isolierteste Punkt auf dem Planeten.
Die genaue Lage von Point Nemo
Point Nemo befindet sich auf halbem Weg zwischen Neuseeland, Chile und der Antarktis – mitten im Südpazifik. Der Ort liegt bei 45°52.6 Süd und 123°23.6 West. In einem Umkreis von 2.688 bis 3.978 Kilometern gibt es keinerlei besiedelte Landmasse. Die nächstgelegenen Punkte sind:
| Ort | Entfernung zu Point Nemo |
|---|---|
| Auckland (Neuseeland) | 2.778 km |
| Itajai (Brasilien) | 3.978 km |
| Maher Island (Antarktis) | 2.688 km |
Aufgrund dieser Entfernung ist eine Anreise ausschließlich per Schiff möglich. Wer den Ort erreichen will, muss mit mindestens 15 Tagen Reisezeit rechnen – einfache Strecke, versteht sich. Die GPS-Koordinaten lassen sich zwar in jeder Seekarte markieren, aber der Weg dorthin führt durch menschenleere Ozeane und extreme Wetterzonen.
Die Entdeckung durch Software – nicht durch Menschen
Point Nemo wurde erst 1992 entdeckt – und zwar nicht durch einen Expeditionsteilnehmer, sondern durch den kroatisch-kanadischen Ingenieur Hrvoje Lukatela. Mithilfe einer speziellen Software berechnete er den Punkt, der am weitesten von jeder Küste entfernt liegt. Dabei berücksichtigte er die Kugelgestalt der Erde sowie komplexe geodätische Modelle.
Lukatela gab dem Ort den Namen „Point Nemo“, eine Anspielung auf Kapitän Nemo aus Jules Vernes Roman 20.000 Meilen unter dem Meer. Passend also für einen Punkt, der so gut wie unerreichbar ist und von der Oberfläche aus kaum von Bedeutung scheint. Tatsächlich ist Point Nemo aber ein geografisches Kuriosum und Beispiel für die Möglichkeiten moderner Kartografie.
Warum selbst Astronauten näher sind
Eines der kuriosesten Details zu Point Nemo: Die Internationale Raumstation ISS ist näher an einem potenziellen Besucher dieses Ortes als der nächste Mensch auf der Erde. Die ISS schwebt in etwa 416 Kilometern Höhe über der Erde. Der nächste bewohnte Punkt ist jedoch über 2.700 Kilometer entfernt.
Diese bizarre Tatsache macht Point Nemo zu einem Sinnbild absoluter Isolation. Kommunikation mit der Außenwelt wäre nur über Satelliten möglich. Notfallhilfe? Undenkbar. Kein Funkmast, kein Nachbar, keine Menschenseele weit und breit. Wer sich hier befindet, ist dem Weltall näher als der Menschheit.
Der Weltraumfriedhof im Südpazifik
Die extreme Abgeschiedenheit von Point Nemo hat Raumfahrtagenturen auf der ganzen Welt inspiriert. Russische, europäische und japanische Organisationen nutzen die Region um Point Nemo als „Space Cemetery“ – ein sicherer Ort, um ausrangierte Satelliten und Raumfahrzeuge kontrolliert abstürzen zu lassen.
Besonders bekannt: Teile der russischen Raumstation „Mir“ wurden hier versenkt. Auch Trümmer anderer Raumfahrzeuge liegen auf dem Meeresgrund unter Point Nemo. Der Ort ist somit nicht nur geografisch isoliert, sondern auch ein Archiv technologischer Geschichte – verborgen unter Tausenden Metern Wasser.
Ein Ort voller Rätsel und Mythen
1997 nahmen Ozeanografen ein tiefes, mysteriöses Geräusch auf, das aus der Nähe von Point Nemo zu stammen schien. Schnell kursierten Theorien über Seemonster und unentdeckte Meeresriesen. Das „Bloop“ genannte Phänomen wurde später wissenschaftlich untersucht. Die Ursache war weitaus nüchterner: Der Schall stammte von Eisbergen, die unter Wasser zerbrachen und dabei starke Frequenzen erzeugten.
Dennoch zeigen solche Geschichten, wie faszinierend und geheimnisvoll dieser Punkt auf der Welt wirkt. Die Einsamkeit, die Tiefe und die Unzugänglichkeit schaffen Raum für Fantasie – ganz im Sinne von Jules Verne.
Leben ist hier kaum möglich
Point Nemo liegt im Südpazifischen Wirbel, einer riesigen rotierenden Strömung. Diese isoliert das Gebiet nicht nur geographisch, sondern auch ökologisch. Nährstoffe aus anderen Meeresregionen gelangen kaum in dieses Areal. Auch Wind kann keine organischen Partikel vom Festland hierher transportieren.
Das Ergebnis: Die Umgebung gilt als eine der biologisch inaktivsten Regionen aller Weltmeere. Der Ozeanograf Steven D’Hondt bezeichnete den Meeresboden unter Point Nemo sogar als den „lebensfeindlichsten Ort der Ozeane“. Leben existiert hier, wenn überhaupt, nur in mikroskopischer Form – und selbst das ist umstritten.
Segler als einzige Besucher
Point Nemo ist kein Reiseziel für Touristen. Keine Kreuzfahrtschiffe, keine Yachtclubs, keine Tauchboote. Die einzigen Menschen, die diesen Ort jemals durchquert haben, sind Teilnehmer von Extremsportregatten wie dem „Volvo Ocean Race“. Diese Hochseeregatta führt über mehrere Etappen rund um die Welt – und manchmal direkt an Point Nemo vorbei.
Selbst dann bleibt die Passage jedoch flüchtig. Niemand geht hier vor Anker. Kein Schiff hält an diesem Ort, der nur aus Wasser und Koordinaten besteht. Die Rückkehr von einer solchen Reise würde Wochen dauern. Wer es trotzdem wagt, betritt eine Zone der absoluten Stille – ohne Handyempfang, ohne Funk, ohne Leben.
Fazit: Der einsamste Punkt – geografisch, biologisch und menschlich
Point Nemo ist ein Ort wie kein anderer auf der Welt. Er liegt jenseits der Reichweite von Menschen, Tieren und Zivilisation. Kein Ort auf der Erde ist so isoliert – weder auf Land noch im Meer. Wer diesen Punkt erreicht, blickt auf Wasser in alle Richtungen – und hinauf zur ISS, die näher ist als jede Menschenseele.